H0-Anlage nach Epoche II - Motiven

Deutsche Reichsbahn

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Kühlwagen

Bis zum Jahr 1923 gab es in Deutschland nur einige sogenannte Wärmeschutzwagen (herkömmliche gedeckte Güterwagen mit weißem Außenanstrich und doppelter Wandung) sowie private wassereisgekühlte Bier- und Margarine-Kühlwagen, die jedoch nicht nach modernen wärmetechnischen Erkenntnissen konstruiert waren. Zum Transport von Gefrierfleisch und Seefischen waren diese Fahrzeuge nicht geeignet.

Zum Ende des Ersten Weltkriegs entstand in Deutschland eine bedrohliche Lebensmittel-Knappheit, die auch in den ersten Jahren danach nicht entschärft werden konnte, da die deutsche Wirtschaft durch den Krieg zu sehr geschwächt war. Aus eigener Kraft konnte die Lebensmittelversorgung der Bevölkerung nicht sichergestellt werden, so daß es Anfang der 20er Jahre zu umfangreichen Fleischimporten kam, vor allem aus Argentinien und Australien. Die mit Kühlschiffen nach Bremen und Hamburg transportierten Lieferungen mußten ohne Qualitätsverlust im Deutschen Reich verteilt werden. Dazu erteilte die Deutsche Reichsbahn im Jahre 1922 einen Großauftrag zum Bau von 300 modernen Kühlwagen an die Waggonfabriken Wismar und Uerdingen. Die von Ende 1923 bis Anfang 1925 beschafften Fahrzeuge entstanden nach amerikanischen Vorbildern mit modernster Isolierung. Es wurden in dieser ersten Serie 120 universelle Fahrzeuge für den Transport von Fleisch, Obst und Molkereiprodukten sowie 180 Seefisch-Kühlwagen gebaut.

Diese ersten Kühlwagen mit einem Achsstand vom 6m und einer Länge über Puffer von 11,3m (ohne Bremserhaus) bzw. 11,9m (mit Bremserhaus) waren mit Kork und Torfoleum (wasserabweisend getränkter und stark gepreßter Torf) isoliert. Diese Isolierstoffplatten waren beidseitig mit Giantpapier (wasser- und luftundurchlässige geschmeidige Pappe) verklebt und lagen zwischen doppelter Holzverschalung. Die Isolationsstärke betrug seitlich und am Dach 120mm sowie am Fußboden 100mm. Die Behälter für das Wassereis, welches noch mit Salz versetzt wurde, waren über Luken vom Dach aus zugänglich, ohne daß der eigenliche Transportraum geöffnet werden mußte. Die zweiteiligen Laderaumtüren waren so konstruiert, daß sie ringsum luftdicht abschlossen.

Die bis 1925 gebauten Kühlwagen erhielten keine Lüftung. Bei später gebauten Universalkühlwagen wurden in die Dachkonstruktion 4 bis 8 Flettner-Lüfter eingebaut. Diese haben die Aufgabe der Regulierung der Luftfeuchtigkeit im Innern der Wagen. Durch das schmelzende Eis steigt während des Transportes die Luftfeuchtigkeit in den Wagen stetig an, was für verschiedene zu transportierende Güter nicht von Vorteil ist.

Fahrzeuge, die diese Lüfter erhielten, waren beispielweise die Fährboot-Kühlwagen, die 1935 speziell für den Verkehr mit Großbritannien in Dienst gestellt wurden und das kleinere englische Lichtraumprofil aufwiesen.

Die bis 1939 gebauten Kühlwagen waren außen weiß gestrichen. Die großen hellen Seitenwände boten sich förmlich für attraktive Beschriftungen an. Die Reichsbahn-Kühlwagen erhielten oftmals recht kunstvoll gestaltete große und nicht genormte Anschriften "Kühlwagen" bzw. "Seefische", teilweise in roter Schrift mit schwarzen Schatten. Mitunter verliefen diese Schriftzüge nicht waagerecht, sondern von links oben nach rechts unten über den größten Teil der Seitenflächen.

Während die erste Kühlwagenserie noch wie die sonstigen Güterwagen waagerecht verbrettert waren, wurden die meisten später gebauten Fahrzeuge außen senkrecht verbrettert. Bis auf die Fährboot-Kühlwagen wurden diese Fahrzeuge dem Gattungsbezirk Berlin zugeordnet. Die Kühlwagen hatten fast alle ein Ladegewicht von 15t. Für die Benutzung gab es strenge Vorschriften, insbesondere die Reinhaltung betreffend. Für die Reinigung und die Bereitstellung des Eises zur Kühlung waren die Absender der Waren verpflichtet. Für den ungekühlten Rücklauf der Wagen vom Entladebahnhof zum Beladebahnhof durften die Fahrzeuge mit Verpackungsmaterial beladen werden, sofern dieses später zum Transport der zu kühlenden Waren benötigt wurde und nicht die Wagen verschmutzte. Die Universalkühlwagen besaßen im Laderaum ein größere Anzahl quer zur Fahrtrichtung angebrachte Haltestangen für Fleischhaken.

Kühlwagen mit der Aufschrift "Seefische" durften nicht zum Transport anderer Kühlgüter verwendet werden und besaßen keine Fleischhaken. Seefisch-Kühlwagen erhielten auch keine Lüfter, da Gefrierfisch ständig von Eis umschlossen sein muß und natürlich nicht empfindlich gegenüber Nässe ist. Eine Lüftung beschleunigt aber den Tauprozeß des Eises.

Es ist relativ schwierig, die zahlreichen für die Deutsche Reichsbahn insgesamt gebauten Kühlwagen fahrzeugtechnisch zu kategorisieren, zumal sehr wenig Literatur dazu existiert. Bedingt durch ständig weiterentwickelte Isoliermaterialien glich kaum eine Serie von Kühlwagen sowohl optisch als auch technisch ihren Vorgängern. Es wurden auch vierachsige Kühlwagen, Tiefkühlwagen mit Trockeneiskühlung und Maschinenkühlwagen mit aktiver Kälteanlage konstruiert.

Weiterhin wurden vorhandene gedeckte Güterwagen zu Behelfskühlwagen umgebaut, die als sogenannte Butterwagen zum Einsatz gelangten und Molkereiprodukte aus Schleswig-Holstein nach Berlin und Leipzig sowie ins Ruhrgebiet transportierten.

Im Verlaufe des Zweiten Weltkrieges wurde eine große Zahl von Kühlwagen gebaut, die dann nicht mehr weiß, sondern hellgrau angestrichen wurden und keine kunstvollen Anschriften mehr erhielten. Ein Teil dieser Kühlwagen der Kriegsbauart erhielt ein auffälliges trapezförmiges Korbbogendach mit Dacheisluken.