Deutsche Reichsbahn
© Copyright - All Rights Reserved - Thomas Noßke - www.epoche2.de; 1998-2016
Wirtschaftsgebiet Brandenburg Mitte der 1930er Jahre
Grundlagen der Wirtschaft
Brandenburg ist das Gebiet der Urstromtäler, in denen einst die eiszeitlichen Wassermassen nach Westen zur Nordsee abflossen. Sandige Flächen trennen die drei breiten Talzüge und erheben sich in der Uckermark zum Nördlichen, in der Lausitz zum Südlichen Landrücken. Während die Moor- und Bruchlandschaften der Niederungen durch Entwässereung urbar gemacht werden mußten, reichen die Niederschläge für die Bewässerung der Sandflächen nicht aus.
In den umfangreichen Braunkohlenvorkommen bei Senftenberg und Frankfurt a. O. besitzt Brandenburg eine wertvolle Kraftquelle. Die Kalklager bei Rüdersdorf haben Bedeutung für das Baugewerbe Berlins.
Wirtschaft
Landwirtschaft
Der Kalireichtum der Nachbargebiete ermöglicht es der brandenburgischen Landwirtschaft, aus dem armen Boden noch recht gute Roggenernten herauszuwirtschaften. Hervorragend ist der Gemüseanbau im Spreewald, im Oderbruch und im havelländischen Luch. Er ist wie auch der Obstbau um Werder auf die Versorgung der Reichshauptstadt eingestellt. Ganz unergiebige Böden mußten der Waldwirtschaft überlassen werden. Sie machen ein Drittel des Landes aus. Den Hauptholzertrag liefert die Kiefer.
Industrie
Die Industrie ist vor allem als Tuchindustrie vertreten. Sie verdankt ihr Dasein der früher sehr bedeutenden Schafzucht der Niederlausitz. Bei Sorau reicht die schlesische Leinenindustrie in die Mark. Im Bereich der Braunkohlenvorkommen entwickelten sich auch Eisenverarbeitungsstätten und Glashütten. In Velten gewann die Herstellung von Kacheln guten Ruf über die Grenzen des Landes hinaus.
Verkehr
In vielen Teilen dieses Wirtschaftsgebiets fehlt es an guten Verkehrswegen. Die Straßen und Eisenbahnlinien, welche das Land schneiden, dienen hauptsächlich dem Fernverkehr und kommen mehr der Reichshauptstadt als der Mark Brandenburg zugute.
Berlin
Das Stadtgebiet Berlin mit 900qkm Fläche stellt des stärkste Kraftfeld im deutschen Wirtschaftsraum dar. Die Wohnstadt umschließt eine Verbraucherschaft von über viel Millionen Menschen. Hinter ihren Häuserfronten versteckt liegt eine Arbeitsstadt mit Hunderttausenden von Werkstätten und Betrieben, die nur in manchen Vororten wie Borsigwalde und Siemensstadt als geschlossene Industriesiedlung sichtbar wird. Berlin verdankt seine Entwicklung der günstigen Lage. Es war zunächst Handelstadt. Schon zur Hansezeit war aus den Fischerdörfern Berlin und Kölln ein Stapelplatz für den Warenverkehr von der Ostsee zum Mittelmeer und von der Elbe zur Oder geworden. Roggen, Heringe und Tuche waren die Haupthandelsartikel. Als Berlin Hauptstadt und später Reichshauptstadt wurde und die Beziehungen nach allen Seiten ausstrahlten, da erweiterten sich seine Beziehungen ungeheuer. Es wurde die erste Handelstadt Deutschlands. Nur in geringem Maße war Berlin früher auch Industriestadt. Neben dem Nahrungsmittelgewerbe war noch die Weberei von Bedeutung. Mit der Möglichkeit aber, Rohstoffe und Halbfabrikate aller Art in unbeschränktem Maße heranzuführen, entstanden in Berlin Industrien um Industrien, und dank dem Unternehmungsgeist und der Geschicklichkeit und Anpassungsfähigkeit seiner Werkmenschen wurde es balkd auch erste Indusstriestadt Deutschlands.
Von 2 915 223 erwerbstätigen Berlinern (mit Angehörigen) sind beschäftigt in:
Landwirtschaft 49 942
Industrie und Handwerk 1 689 596
Handel und Verlkehr 1 175 685
Ein Viertel bis ein Drittel der in Berlin zum Versand kommenden Waren geht ins Ausland. Somit ist die Reichshauptstadt in ganz großem Maße Weltlieferant. Die Kraftquellen für den Antrieb der Millionen von Arbeitsmaschinen liegen in den deutschen Steinkohlen- und Braunkohlenrevieren und den Ölfeldern Deutschlands und der Welt. Als Kohlen, Koks, Benzin oder elektrische Kraft finden sie ihren Weg nach Berlin. Verkehr. Berlin ist Mittelpunkt des deutschen und einer der Brennpunkte des europäischen Güter- und Personenverkehrs. Es hat 145 Personenbahnhöfe. Sein Binnenhafen ist der drittgrößte in Deutschland. Seine Güterverladeanlagen gehören zu den leistungsfähigsten in der Welt. Keine Großstadt der Erde hat wie Berlin einen Flugplatz mitten in der Stadt.
Unveränderter Auszug aus dem Buch
Dr. Walter Golze
Deutschlands Wirtschaft und die Welt. Vierte Auflage
Verlag und Druck von Teubner in Leipzig und Berlin 1938