Deutsche Reichsbahn
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Wirtschaftsgebiet Schlesien Mitte der 1930er Jahre
Grundlagen der Wirtschaft
In Schlesien steht der Wirtschaft ein weites Flachland für den Landbau zur Verfügung. Zwar ist das Gebiet des Südlichen Landrückens, der Niederschlesien von Osten nach Westen durchzieht, reich an Sandboden. Dafür aber findet sich in Mittelschlesien und im Kreise Leobschütz wertvoller Lehm- und Lößboden. Nur ein geringer Teil geht als Gebirge mit dürftiger Bodenkrume dem Landbau verloren. Die reichlichen Niederschläge in den Gebirgen kommen auch dem Flachland zugute. Das Festlandklima bedingt hohe Sommerwärme und läßt daher bei Grünberg noch Weinbau zu. Der Kamm des Riesengebirges liegt jedoch schon oberhalb der Baumgrenze.
Mannigfaltig sind die Bodenschätze. Steinkohle gibt es in Oberschlesien und im Waldenburger Land, Zinn und Blei ebenfalls in Oberschlesien, Eisenerze bei Schmiedeberg. Tonlager finden sich bei Bunzlau, Quarzsand ist an vielen Stellen vorhanden. Die Gebirge sind reich an Granit, Kalk und Marmor. In dem Gefälle der Bergbäche bietet sich den Bewohnern der Gebirgstäler eine Kraftquelle, welche von Hausindustrien jeder Art ausgenutzt wird. Somit sind in Schlesien alle Voraussetzungen für eine gleichmäßige Entwicklung aller Wirtschaftszweige vorhanden, wenn auch ihre Verteilung über das Land ungleichmäßig ist.
Wirtschaft
Landwirtschaft
Es werden vor allem Weizen und Zuckerrüben angebaut. Auch dem Flachs hat man größere Flächen gelassen: auf Schlesien kommt die Hälfte der deutschen Flachsernte. In der Gegend von Liegnitz wird der Boden für Blumenzucht, Gemüse- und Obstbau ausgenutzt. Die Viehwirtschaft ist weniger entwickelt. Im gebiet des Südlichen Landrückens spielt die Schafzucht noch eine Rolle. Ein Viertel der Bevölkerung sucht in der Landwirtschaft ihren Erwerb.
Bergbau und Industrie
Auch der Bergbau beschäftigt eine große Anzahl Menschen, hauptsächlich der Steinkohlenbergbau in Oberschlesien. Die Industrie hat sich sehr vielseitig entwickeln können. Einen breiten Raum nimmt überall die Nahrungs- und Genußmittelindustrie ein. Die Zuckerindustrie Niederschlesiens war die erste in Deutschland. Hier begann man während der Kontinentalsperre, Zucker aus Rüben zu gewinnen. Die Textilindustrie entfaltete sich in den alten Schafzuchtstätten zur Tuchindustrie, z. B. in Görlitz und Sagan, in den Bezirken des Flachsanbaus am Fuß der Gebirge zur Leinenindustrie, die aber heute stark von der Baumwollindustrie durchsetzt ist. Der Waldreichtum förderte jede Art von Holzverarbeitung. Es werden hölzerne Geräte und Spielwaren geschnitzt, Zündhölzer und Papier hergestellt. Die Industrie der Steine und Erden ist bei Bunzlau als Tonwaren-, bei Oppeln als Zementindustrie vertreten. Die eisenschaffende und eisenverarbeitende Industrie hat ihre Betriebe im oberschlesischen Kohlenrevier. Die Grenzziehung in Oberschlesien, die in wildem Zickzack das Land über und unter Tage zerschneidet, hat durch sinnlose Trennung aufeinander angewiesener Industriegebiete dem Land schwere Verluste gebracht. Mit Posen und Westpreußen gingen gute Absatzgebiete verloren.
Verkehr
Die marktferne Lage Schlesiens vermindert die Wettbewerbsfähigkeit seiner Wirtschaft. Genau so wirkt sich auch die geringe Leistungsfähigkeit der Oder als Verkehrsweg, obgleich 100 Mill cbm Stauwasservorrat bei Ottmachau den sommerlichen Wasserstand schon wesentlich verbessern können. Bis zur Fertigstellung des Adolf-Hitler-Kanals wird der größte Teil der Frachten auch weiterhin auf die Eisenbahn angewiesen sein. Durch die Abtretung Ostoberschlesiens hat Breslau mehr als die Hälfte seines Güterverkehrs verloren; dennoch blieb es eine bedeutende Handels- und Messestadt, deren Beziehungen durch die Mährische Pforte und den Donauraum bis nach Südosteuropa reichen. Ausgesprochenes Fremdenverkehrsgebiet ist das Riesengebirge.
Unveränderter Auszug aus dem Buch
Dr. Walter Golze
Deutschlands Wirtschaft und die Welt. Vierte Auflage
Verlag und Druck von Teubner in Leipzig und Berlin 1938